…eines ÖVP-Obmannes, der die Zeichen der Zeit gelesen – und verstanden – hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
schade, dass so wenige von Ihnen gekommen sind. Das entspricht aber voll und ganz dem Zustand unserer einst staatstragenden Partei, der die Wähler schwinden wie dem Erwin Pröll das Haupthaar. Scherz beiseite, lustig ist daran gar nichts.
Die Volkspartei repräsentiert gemeinsam mit der SPÖ den Aufstieg dieser an
fänglich von vielen für nicht lebensfähig gehaltenen Republik zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten und sozial sichersten Länder Europas. Die Volkspartei trägt aber auch wie die SPÖ Mitverantwortung für die metastasierende Politisierung aller Lebensbereiche, die bürokratische Verkrustung, den beginnenden Niedergang: der Wirtschaft, der Bildung, der öffentlichen Ordnung. Die Wirtschaft ist angesichts der von uns Politikern geschaffenen und für den Einzelnen unüberblickbaren Regelungsdichte in den Investitionsstreik getreten, was uns die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik beschert. Unser Schulsystem ist eines der teuersten, zugleich aber ineffizientesten in Europa. Für die zunehmende Kriminalität sind wir personell, aber auch legistisch nicht ausreichend gerüstet. Unser Gesundheits- und Pensionssystem droht aus den Fugen zu geraten. Gleichzeitig ist die öffentliche Verwaltung über die Jahrzehnte dermaßen angeschwollen, dass der Staat seine Bürger heute etwa die Hälfte ihres Einkommens kostet. Margaret Thatcher hat einmal gesagt: „The problem with socialism is that you eventually run out of other people’s money.” Diesen Punkt haben wir in Ösien erreicht; und es war nicht der Sozialismus allein, der uns so weit gebracht hat.
So gleichmütig die Bürger SPÖ wie ÖVP in Zeiten von Hochkonjunktur, Vollbeschäftigung und funktionierender Umverteilung das politische Geschäftsmodell des faulen Kompromisses, die Neigung zu Miss- und Vetternwirtschaft, die Aufblähung und penible Aufteilung des Staatsapparates nachgesehen haben, so gnadenlos erfolgt nun unter dem Eindruck von großflächigem Politversagen, Arbeitslosenrekorden und sozialen Verteilungskämpfen die Abrechnung. Andreas Khol und Josef Hundstorfer können davon unter Tränen berichten.
Die hausgemachten Fehlentwicklungen rächen sich zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. Wovor wir stehen, ist nicht weniger als eine Zeitenwende: Disruptive Innovationen wie die Elektromobilität werden europäische Schlüsselbranchen wie die Automobilindustrie und die sie umgebenden Netzwerke von Zulieferern, Werkstätten und Händlern von Grund auf verändern; die Medienlandschaft erlebt bereits einen tiefgreifenden Umbruch; die Gesellschaft ist insgesamt in einem fundamentalen Wandel begriffen. Die etablierten Parteien dürfen sich nicht auf ihren historischen Verdiensten ausruhen, sondern sie müssen auf diesem Erfahrungsschatz aufbauen und aktuelle Antworten auf die immer drängenderen Fragen der Bürger geben. Das ist uns zuletzt nicht gelungen.
In ausführlichen, von gegenseitiger Wertschätzung geprägten Gesprächen mit dem neuen Bundeskanzler habe ich allerdings den Eindruck gewonnen, dass es ihm um diese Antworten geht. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, auch das Regierungsteam der ÖVP in den Ressorts Wirtschaft, Familie, Landwirtschaft und im Innenministerium neu aufzustellen, um in einer nun tatsächlich gemeinsamen Bundesregierung 2.0 die Zukunft Ösiens konstruktiv zu gestalten.
Django reitet wieder. Ich gelobe – Besserung.
Dieser Text ist erschienen in einer Beilage zu News, Profil und trend.
Gut gebrüllt….jedoch wird Dir keiner zuhören……….
sehr guter Artikel !!