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Wolfgang Kulterer führte die Hypobank in den Abgrund. Er allein?

In Kärnten werden 22 Polizeiwachstuben geschlossen, um dadurch die Sicherheit im Land zu erhöhen. Tatsächlich?8895447778_5220341594_z

Alle paar Monate stecken wir, die Steuerzahler, hunderte Millionen Euro in die Hypobank, 4,8 Milliarden bisher, und 17 Milliarden könnten es werden. Kann man diese Summe überhaupt mit Yachten, Flugzeugen und Autos verpulvern? Wo ist dieses Vermögen hingekommen? Und wenn Geld tatsächlich nicht verschwinden  kann, wer hat es jetzt? Warum muss nicht er es zurückzahlen, sondern wir?

Die Rechten feiern einen Ball, die Linken zerschlagen Schaufenster, Autos, Gesichter. Warum soll der Ball weichen, und nicht die gewalttätigen Protestierer? Der Bundespräsident sagt, es wäre weise, wenn der Ball anderswo stattfände. Wäre es nicht noch viel weiser, er würde die Demonstranten auffordern, sich an die Gesetze zu halten, wie es offenbar die Ballveranstalter tun?

Die EU hat Griechenland gerettet. Waren es nicht eher die europäischen Banken und Rüstungskonzerne, die mit unserem Geld gerettet wurden? Die Hälfte der jungen Menschen in dem Land, aus dessen Mythologie der Name des Erdteils stammt, hat keine Arbeit; Alte und Kinder hungern und frieren. Wird auch sie jemand retten?

Die Lenzing AG schrieb 2011 ein Rekordergebnis. Ihr Chef verdiente mehr als zwei Millionen Euro. Jetzt sinkt der Gewinn, 600 Menschen sollen ihren Job verlieren. Ist es richtig, hunderte Mitarbeiter zu kündigen, weil die Firma nicht Verluste, sondern nur weniger Gewinn macht? Österreich sei „overbanked“, heißt es, 25.000 Menschen – von 70.000 – werden keine Arbeit mehr haben. Sind wir mit den Cash-Maschinen im Vorraum wirklich besser bedient als im Gespräch mit unserem freundlich-allwissenden Bankbetreuer?  

Früher gab es saubere, pünktliche Züge. Den Fahrschein kaufte man am Schalter bei einem erfahrenen „ÖBBler“, der jede Zugverbindung und den dazugehörigen Bahnsteig auswendig wusste. Ist es tatsächlich ein Fortschritt (und für wen?), dass die Fahrkarte heute Ticket heißt, aus einem Automaten kommt, doppelt so teuer ist und zur Fahrt mit einem verdreckten Zug ohne Vorhänge, dafür mit gesperrter Toilette berechtigt?

Alte, kranke Menschen aufopfernd zu pflegen, ist ein harter Job. Fußball ist ein Spiel. Warum verdienen dann diejenigen, die die Leibschüssel reinigen, so lächerlich wenig; und jene, die den ganzen Tag Fußball trainieren, Fußball spielen und über Fußball reden, so unverschämt viel? Erwachsene Menschen, die nichts anderes tun, als einem Ball hinterherzulaufen oder mit Schiern den Berg hinunterzufahren oder mit einem Holzstock eine Plastikscheibe ins Tor zu bugsieren – haben sie nichts Erwachsenes zu tun?

Die Post: Das waren gewissenhafte Beamte, die an der Bedeutung ihrer staatlichen Aufgabe keinen Zweifel ließen, aber beinahe jeden Transportwunsch erfüllen konnten. Heute sind die paar verbliebenen Postämter mit Verkaufsständern für allerlei Unnützes zugestellt, und beim Postpartner scheitert jede Sendung, die von der angelernten Norm abweicht, an der Ahnungslosigkeit des angemieteten Postillions. Dafür gibt es jetzt private Paketzusteller, die nach einem Läuten am mittleren Vormittag – einer Zeit, in der kein Mensch zuhause ist – einen Zettel hinterlassen, wo man sein Packerl gefälligst selber abholen kann. Was genau ist dadurch für den Kunden besser geworden?

Wettbewerb verstand man einmal in dem Sinne, dass alle Firmen mit ihren höchstqualifizierten Ingenieuren bemüht waren, die besten und haltbarsten Produkte der jeweiligen Preisklasse herzustellen. Nun lernen wir, dass in viele technische Geräte Sollbruchstellen eingebaut werden, die im Wege der „geplanten Obsoleszenz“ Mehrumsätze durch Reparaturen erzielen oder gleich eine Neuanschaffung nötig machen sollen. Ist das der Fortschritt, auf den wir alle so stolz sind? Oder nennt man das altmodisch Betrug?

Berühmte Ärzte, herausragende Techniker, mutige Entdecker waren einst die Idole der Jugend. Heute sind es trällernde Witzfiguren wie Justin Bieber, pickelgesichtige Absolventen dutzendweise abgedrehter Talenteshows und pubertäre Kulturschaffende auf Poesiealbumniveau in flimmernden youtube-Filmchen. Der wichtigste Tag der Woche ist Freitag, und das Wetter ist nur bei Sonnenschein und 30 Grad gut. Wie lange kann eine Gesellschaft diese geballte Blödheit aushalten?

So viele Politiker. So viele Medien. So viele Fragen.

 

Dieser Artikel ist erschienen im Magazin Advantage, März 2014


[1] Bert Brecht, Fragen eines lesenden Arbeiters, http://ingeb.org/Lieder/werbaute.html

Ein Kommentar zu “Mehr Fragen eines lesenden Arbeiters [1]

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