Noch nie war diese Volksweisheit so fürchterlich wahr wie in der Dokumentation „Goldman Sachs – Eine Bank lenkt die Welt“, gesendet vor einigen Tagen auf arte. Wenn diese unfassbare, beängstigende, großartig gemachte TV-Reportage nur ungefähr stimmt, führt der Finanzkonzern Goldman Sachs Krieg gegen Europa und seine Bürger. Dabei geht es nicht um Land, sondern um Geld: Die Spekulation gegen europäische Staaten ist nichts anderes als ein geschickter Raubzug, der den Räubern Milliarden und Abermilliarden einbringt, die in den öffentlichen Haushalten fehlen.
Dieser Verdacht stellt das seit Jahren schwelende Griechenland-Dilemma in ein neues Licht – und macht vielleicht gänzlich andere als lediglich monetäre Formen der Gegenwehr notwendig. Goldman Sachs hat Griechenland durch die gezielte Überbewertung seiner Währungsreserven rechnerisch ein paar Milliarden Schulden erspart – und so die Aufnahme des maroden Staates in die Eurozone ermöglicht. Kranke Welt: Wer irgendwo fünf Euro aus der Kasse stiehlt, ist dran Länge mal Breite. Wenn Goldman Sachs aktiv am zweifelsohne größten Betrugsfall der Menschheitsgeschichte – die Griechen-Rettung, die je eine Euro-Rettung ist, kostet bisher je nach Schätzung zwischen 120 und 200 Milliarden Euro – beteiligt ist, dann fällt auf einmal niemandem ein, wie man diese Staatsfeinde Nr. 1 zur Verantwortung ziehen könnte.
Die Politik kann nicht zulassen, dass ein einziges Unternehmen den Euro zu Fall bringt, nur um daran zu verdienen. Auch wenn man den Filmemachern kritisch gegenüber steht: Der Abacus-Skandal um „Fabulous Fab“ Fabrice Tourre; die zahlreichen Interviews; der superpeinliche Auftritt des US-Finanzministers und früheren Goldman-Chefs Henry Paulson, der Lehman Brothers untergehen und den Goldman-Schuldner AIG mit öffentlichen Milliardenspritzen überleben ließ; der offenbar völlig abgehobene und jenseitige derzeitige Goldman-Boss Lloyd Blankfein; der Griechenland-Krimi; das abgebrochene Interview mit Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet – all das sind anschauliche, belegte bzw. im Web recherchierbare Facts.
Ob die Filmemacher mit ihrer kritischen Haltung auch noch jemandes anderen dunkle Geschäfte erledigen, wird man nicht leicht erfahren. Aber dass Goldman Sachs letztlich den europäischen Bürgern durch die Spekulation gegen (zweifelsohne selbstverschuldet in Not geratene) Staaten ihr Geld wegnimmt und ihre Lebenschancen schmälert, scheint mir zumindest hochwahrscheinlich. Und das sollte ein Unternehmen nicht tun dürfen, soweit kann liberales Verständnis nicht gehen – genauso wenig kann es rechtfertigen, dass Grundnahrungsmittel als Spekulationsobjekte herhalten müssen: Ein paar skrupellose Burschen verdienen sich goldene Nasen, zigtausende Menschen verhungern und Millionen andere Menschen müssen mit ihrem Steuergeld Hilfsprogramme finanzieren, damit nicht noch mehr verhungern. Wie sagt ein Interviewpartner im Film: „That’s insane!“
Wir sollten aufhören, in der europäischen Manier der Unentschlossenheit herumzureden, bis es zu spät ist, und tun, was man auf der ganzen Welt tut, wenn man angegriffen wird: Zu den Waffen – welche auch immer das im Kampf ums Konto sind.