Stürzt mir aus der Kleinen Zeitung heute das neue Magazin „Kärntnerland“ entgegen – zumindest halte ich es dafür, weil die Wahrscheinlichkeit einer Kundenzeitschrift der gleichnamigen Wohnbaugenossenschaft verschwindend gering ist. Am Titel prangt ein Foto des Kärntner MONAT-Hausfotografen Attisani, das in der üblichen MONATlichen Realitätsnähe eine unverschwitzte Blondine im topmodischen Dirndl beim Heuen zeigt. So lieb.
Doch halt: Einer der Anreißer verspricht unter dem Titel „Kärnten brennt“ heiße Aktualität aus dem blubbernden Politsumpf. Etwa eine farbensatte Reportage über die metastasierenden Widerstandsnester couragierter Bürger, die die FPK-Blockade gegen Neuwahlen sprengen wollen? Ein feuriger Ausblick in die Mutter aller Wahlschlachten gar?
Die erwartungsschwangere Nachschau bringt die Enttäuschung: Eine sattsam bekannte, faktenmüde Destilleriegeschichte zerrt die üblichen Verdächtigen von Wolfram Ortner bis Valentin Latschen vor den Vorhang. Die aktuelle Nachricht, dass der Sekthersteller Schlumberger bei Latschens schwächelnder „Kärntner Destillerie Pfau Brennerei GmbH“ eingestiegen ist, fehlt.
Dafür wird es eine Seite drauf wieder spannend: Chefredakteur Florian Zuschlag nimmt im Interview den von allen Seiten unter Druck stehenden Landeshauptmann Gerhard Dörfler ins Visier – und macht seinen Namen zur journalistischen Devise: „Was verstehen Sie unter Heimat?“, lautet seine erste Killerfrage. ORF-Chefinterviewer Armin Wolf ist ein zitterndes Lämmchen gegen Zuschlag, der brutal nachlegt: „Ihre drei Lieblingsflecken in Kärnten?“ Sogar die Bildunterschrift (das – übrigens mit KK gezeichnete, also kostenlose, also vom Interviewten zu PR-Zwecken beigestellte – Foto zeigt einen jugendlichen Dörfler beim Eierschwammerlklauben) beweist Aufdeckerqualität: „Gerhard Dörfler macht kein Hehl daraus, ein naturverbundener Mensch zu sein.“ Den Leser schaudert ob dieser Offenbarung und wegen des Fallfehlers, aus dessen amüsierter Kenntnisnahme ich auch keinen Hehl mache.
Solcherart auf einen gewissen Verdacht gekommen, stöbere ich weiter, und in der Tat: Nur dreimal Umblättern später grinst mir Bruder Scheuch entgegen aus einem weder namentlich noch als Anzeige gekennzeichneten Interview. Highlight: „…Unsere Aufgabe muss es nun sein Verantwortung zu übernehmen.“ Da fehlt nicht nur ein Beistrich, sondern auch die Logik: Die Verantwortung hat Scheuch als Kärntner Berufspolitiker für die himmelschreienden Missstände im Land ohnehin, die braucht er sich gar nicht großzügig aufzuladen; viele Mut- und Wutbürger wüssten überdies ganz genau, wie seine Verantwortung aussehen würde, wenn er sie denn übernehmen wollte.
Aber es wird noch besser: „Für mich persönlich bedeutet das ruhig und besonnen auf kommende Aufgaben zu reagieren.“ Scheuch scheint Beistriche ebenso zu schätzen wie den Fotografen Gert Eggenberger, der über die Ruhe und Besonnenheit der großbäuerlichen Brüder einiges zu erzählen hätte. Und macht ihn die ebenso ungewohnte wie unglaubhafte Gelassenheit nun zum Reagierungsmitglied?
Blättert man weitere sechsmal um, stößt man nach einem doppelseitigen Inserat des Jörg-Haider-Vorzeigeprojektes „Heimatherbst“ auf den Dritten im Bunde, den Volkskulturlandesrat Dobernig. Auch er wird ein Opfer freiheitlicher Medienhatz (© FPK) des MONAT-Teams: „Hand auf’s Herz: Welches Fest ist Ihre persönliche Lieblingsveranstaltung?“ Das journalistische Fremdschämen wird mir zu viel, ich blättere rasch weiter – und erstarre: Auf der U3 prangt ein ganzseitiges Inserat des Kärntner Heimatdienstes mit Unterstützungserklärung zum Abtrennen. „Willkürlich von einer Landesförderung ausgeschlossen, finanziert der KHD nun aus eigenen Mitteln förderungswürdige Projekte und Gruppierungen“, schreibt Obmann Josef Feldner. Mit dem erbetenen Ausfüllen, Ausschneiden und Einsenden der Unterstützungserklärung ist übrigens „keine wie immer geartete Verpflichtung gegenüber dem Kärntner Heimatdienst verbunden“, lautet ein rot gedruckter Hinweis. Ich verbleibe ratlos.
Beim Zurückblättern zum noch eher unverdächtigen Heftanfang bleibt mein Blick dann auch noch beim „Sängerknaben“ Lobnig, dem FPK-Landtagspräsidenten, hängen, der mit Abstand am größten aus einem Artikel über Kärntens Chöre herauslacht. Jetzt ins Impressum geschaut – Kärntner MONAT lässt grüßen – und das Editorial von Herrn Zuschlag studiert: Herr Chefredakteur betont, man sei „weder auf einen imaginären Landlust-Zug aufgesprungen noch wollen wir uns in kärntnerischen Dosen ländliche Flügel verleihen.“
Keine Sorge, Herr Kollege, was immer Sie mit Ihren Sprachbildern, schief wie der Turm von Pisa, meinen: Niemand käme auf die Idee, diese dreist-peinliche FPK-Postille mit den beiden erfolgreichsten Titeln am deutschsprachigen Magazinmarkt zu verwechseln. Aber das fehlende Gespür dafür, dass in der aktuellen Situation Kärntens journalistische Gefälligkeitsmachwerke wie „Kärntnerland“ gratis an jeden Haushalt dem Bürger unzumutbar sind, ist ein klarer Fingerzeig, dass der MONAT weiterhin bei seinen Schickimicki-Tratsch- und Fressgeschichten bleiben und von anspruchsvollen Themen die Finger lassen sollte.
super auf den Punkt gebracht . sie sprechen mir aus der Seele …
Danke