Win, im April 2007. Die für Entwicklungsdemokratien typischen Kinderkrankheiten fördert derzeit der tollpatschige Versuch des offiziellen Ösien zutage, Licht in die vermuteten dunklen Machenschaften rund um einen milliardenschweren Rüstungsdeal zu bringen. Die schärfste Waffe des ösischen Parlaments, ein Untersuchungsausschuss, erweist sich bei der Aufklärung etwaiger Schmiergeldzahlungen und verbotener Parteienfinanzierung als ebenso schnittig wie ein Butterkipferl, das in den zahlreichen, an das türkische Erbe Ösiens erinnernden Kaffeeschenken der Bundeshauptstadt vom traditionell schwarz gekleideten und in der Kombination „Herr“ mit dem Vornamen titulierten Personal serviert wird.
Im Mittelpunkt der operettenhaften Untersuchung unter Ausschusskommandant Morchel steht ein illustres, in den politischen Wirren des vergangenen Jahrzehnts zu Geld und Einfluss gekommenes Pärchen, dessen ansonsten unauffällige Werbeagentur von einem Rüstungskonzern einen Millionenetat erhalten hat. Die Frage, wozu ein Kampfjetlieferant in der Öffentlichkeit Werbung betreibt, blieb vorerst unbeantwortet: Vielleicht erhofft man sich Folgeaufträge von ösischen Privatpiloten, die ihre Cessna eintauschen wollen.
Bei der Einvernahme vor dem Ausschuss litt die Agenturchefin unter Erinnerungslücken von der Größe Neufundlands, lediglich die exklusive Preisliste hatte sie noch im Kopf: 196.000 Euronen kostet bei ihr eine Pressekonferenz, 144.000 Euronen verrechnete sie für die Anbahnung von Gesprächen mit Meinungsführern und Ministern − die sich daran allerdings auch nicht erinnern können. Die talentierte Agenturlady hat nach eigenen Angaben bei einem Etat von 6,6 Millionen Euronen ein Honorar von 3,2 Millionen erhalten. Die ösischen Kreativbranche orderte vorsorglich Defibrillatoren und Beatmungsgeräte für ihre Art-Direktoren.
Eine lebenserhaltende Akutversorgung benötigt hingegen die Karriere des ösischen Luftwaffenchefs Hase, seitdem bekannt wurde, dass er als Prokurist in der Firma seiner Frau tätig war, die von einem ausgewiesenen Rüstungslobbyisten einen namhaften Betrag für nicht näher bezeichnete Leistungen erhalten hat. Der wiederum streckte erst kürzlich den vor seinem schmucken Anwesen wartenden Journalisten die nackte Kehrseite entgegen und enthüllte solcherart nicht nur sein wahres Gesicht, sondern entlarvte auch das grundsätzliche ösische Verhältnis zur Mediendemokratie.
Während andere Kleinschuldner und vor allem politisch weniger verflochtene Unternehmer in Ösien mit der vollen Härte der Behörden rechnen müssen, sind diese in der Causa auffallend „schmähstad“, wie man im gewöhnungsbedürftigen, an eine Milieusprache erinnernden Winer Idiom den Zustand plötzlicher Einfallslosigkeit bezeichnet. Das Finanzministerium übermittelt beispielsweise dem Ausschuss angeforderte Unterlagen nur mehr anonymisiert und geschwärzt, was sich vom Bückling des Lobbyisten letztlich wenig unterscheidet.
Dem Ausschusskommandanten schwindet aber nicht nur die Autorität, sondern auch die Zahl befragbarer Zeugen. Morchel fährt sein schwerstes Geschütz auf: 1000 Euronen Beugestrafe für jene, die nicht aussagen wollen − da werden eventuelle Schmiergeldmillionäre sicher schlotternd den Kronzeugenstand stürmen.